Interreligiöser und interkonfessioneller Stadtspaziergang

Gemeinschaft der Religionen: erwandert!

Die Studierenden der 3BE waren im Zuge eines ökumenischen Religionsunterrichts gemeinsam mit dem Begleiter Thomas Stoppacher vom Verein Granatapfel auf einem Stadtrundgang der besonderen Art:
im ersten Teil sind wir den zahlreichen Spuren jüdischen Lebens und Leidens in Graz gefolgt und erfuhren so eine Fülle an Neuem, bisher Unbekanntem.

1.Station - Grazer Burg, Hof - Jüdischer Grabstein des Reb Nissim. Die (Kopie der) Grabplatte (, die aktuell restauriert wird) erinnert an die frühe Phase der jüdischen Geschichte in der Steiermark und belegt, wie selbstverständlich und früh sich die jüdische Kultur bereits im Mittelalter angesiedelt hat.

2. Station - Burgtor/Erzherzog-Johann-Allee - Mahn- und Erinnerungstext: Thomas führt uns vor Augen, wie fragil und vergänglich dieses Mit- und Nebeneinander der unterschiedlcihen Kulturen in der Steiermark ist: Auf der Decke des Burgtors - in einem Bogen, der sehr unscheinbar daherkommt - findet sich eine Inschrift, die an die Deportation der steirischen Juden und Jüdinnen erinnert. Mit diesem Text wird auch auf Mittäterschaft und Verantwortung hingewiesen: Sigfried Uiberreither (1908-1884), Gauleiter der Steiermark in der Zeit des Nationalsozialismus, damit mitverantwortlich für tausendfaches Leid, Vertreibung und Tod von jüdischer Steirer*innen konnte nach Beendigung des Krieges aus der amerikanischen Gefangenschaft fliehen und sich so einem Gerichtsverfahren entziehen. Mit einer neuen Identität konnte er als Friedrich Schönharting in Deutschland arbeiten und wohnen.
Viele Menschen haben das gewusst, mitgeholfen oder weggeschaut.

3. Station - Stadtpfarrkirche zum Hl. Blut, Herrengasse: Der Innenhof war Teil des Zentrums der jüdischen, mittelalterlichen Siedlung. Dieser Platz ist heute mit 144 Quadraten gepflastert, mit jeweils 12 mal 12 cm. Jedes Quadrat ist mit einem Buchstaben versehen, insgesamt ergeben alle Buchstaben den Text eines Segens aus dem 4. Buch Mose/Numeri. Dieser „Aaronitische Segen“ ist ein Segen, der sowohl für das Judentum als auch für das Christentum von Bedeutung ist.
Eine Tafel gibt einen Hinweis auf dieses ehemalige jüdische Wohngebiet.

4. Station - Schmidgasse: Auch auf die unrühmliche Geschichte von Graz als "Stadt der Volkserhebung" während des Nationalsozialismus wurde hingewiesen: "Arisierung" von jüdischem Eigentum, Zerstörung, Vertreibung, Mord an der jüdischen Bevölkerung werden zum Beispiel durch die Verlegung der Messing-Nockerl im Boden vor den letzten Wohnhäusern jüdischer Mitbürger*innen erinnert.

5. Station - bei der Augartenbrücke: bei unserer letzten Station des jüdischen Stadtspaziergangs warfen wir "von der anderen Seite der Mur" noch einen Blick auf die wiedererrichtete Synagoge. Hier erfuhren wir, welches Schicksal die alte Synagoge im Zuge der „Reichspogromnacht“ erfuhr und welch unrühmlichen Anteil daran die Grazer Bevölkerung dabei hatte;
aber auch, dass durch viel Engagement auch von Grazer Schüler*innen in den 90er-Jahren zumindest Teile des Altbestandes gerettet und in den Neubau eingegliedert werden konnten.

6. Station - Aufwärmen im Caritas Cafe in Augarten: auch wenn es ein spannender, hoch informativer Vortrag war, ist dann doch schon ein bisserl Herbstkälte in unsere Glieder gekrochen und so haben wir uns in diesem feschen sozio-ökonomischen Lokal für unseren weiteren Weg aufgewärmt und gestärkt.

7. Station - Minoritenkloster/Mariahilferplatz: vorbei an den Weihrauchschwaden aus einer Kapelle des Areal, bei dem gerade ein orthodoxer Gottesdienst sein Ende findet, begeben wir uns in den hintersten Hof der Klosteranlage, wo die Studierenden Informationen zur Gemeinschaft der Minoriten, das bauliche Arrangement, vor allem aber auch bezüglich der aktuellen Nutzung des Areals erhalten, das von der ukrainisch griechisch-katholischen Gemeinde in Graz in gleicher Weise wie von der russisch-orthodoxen Kirchengemeinde genutzt wird.
Weiters wird auf die Räumlichkeiten des Kultum als Kunst- und Kultur-Plattform für Ausstellungen hingewiesen. Hier befindet sich auch eine der Installationen des kroatischen Künstlers Zlatko Kopljar, dessen Werkschau „Erasion“ hier präsentiert wird.

8. Station – Volksgarten: nur noch wenige Schritte und wir finden uns bei unserer letzten Station, der Friedensstupa der buddhistischen Glaubensgemeinschaft.
Nach einem kleinen Ritual und dem obligatorischen Gruppen-Abschlussphoto sind wir voll beladen mit Inhalten über das manchmal Nebenher, mitunter Gegeneinander, hoffentlich aber auch immer mehr an Zusammenwirken der unterschiedlichen Religionen und Konfessionen.
Unsere Studierenden, wir alle sind eingeladen, dass Religionen und Konfessionen Teil der Lösung der Konflikte in der Welt sind, nicht Teil des Problems…
gehen wir’s gemeinsam an!

Bilder und Text: Sabine Jakubiec und Sebastian Schlöglmann