Wie kann ich sie emotionell unterstützen?
von Nadiia Danevych/4EA
Vor einem Monat, am 24.Februar 2022, brach ein gewaltsamer Krieg in der Ukraine aus und somit ruinierte er den Frieden in Europa.
Ich kann es immer noch kaum glauben, dass so etwas im 21. Jahrhundert geschehen konnte.
Der Krieg in der Ukraine geht mir nah, da ein Teil meiner Familie und meine Freund*innen dort leben.
Das Gefühl von tiefer Verzweiflung und Ohnmacht, in das ich hineingeriet, ließ mich nicht los.
Die Sorgen um meine Eltern und Freund*innen begleiten mich seit den ersten Kriegstagen.
Es ist ein unbeschreiblich schreckliches Gefühl, wenn alles, was du gekannt und geliebt hast, zerstört wird.
Es besteht unter anderem eine große Ungewissheit, die viele Ukrainer und Ukrainerinnen überall auf der Welt bedrängt.
In diesem Artikel möchte ich darauf eingehen, was die Geflüchteten fühlen.
Am 28. Februar musste meine Mutter (48 Jahre, Selbstständige), eine humorvolle, unschuldige und nette Frau, nach Deutschland flüchten.
Sie ist mittlerweile dort gut angekommen und ist nun in Sicherheit.
Dennoch fühlt sie sich so, wie viele andere Ukrainer*innen, die geflohen sind.
Sie drückte ihre Gefühle in einem Mini-Essay aus, das ich übersetzen durfte.
Zum besseren Verständnis habe ich ein paar Phrasen umformuliert:
„Wie soll ich meinen emotionellen Zustand beschreiben? Ich bin fassungslos und weiß nicht mehr, was ich dazu sagen soll …
Wir, Ukrainer und Ukrainerinnen, lebten friedlich in unserem Land. Wir arbeiteten, lernten, lachten, erzogen unsere Kinder und bauten unsere Zukunft auf.
Alle Menschen hatten ihre eigenen Probleme im Leben, die für sie selbst wahrscheinlich gigantisch und bedeutend erschienen, aber jetzt nichts mehr bedeuten.
Mit dem 24. Februar änderte sich alles. ich erlebte einen herben Kummer: Bombardierungen, Dauerfeuer, die Alarmsirenenklänge, furchtbare Angst um mein eigenes Leben
sowie um das Leben meiner Kinder und Eltern.
Die komplett zerstörten Städte und unschuldigen Toten zu sehen war eine unerträgliche Qual für mich.
Die Ruhelosigkeit und der Drang zu flüchten verfolgten mich.
Es war schwer für mich nachzuvollziehen, dass ich alles zurücklassen (meine Stabilität, Sicherheit und schwer-verdiente Wohlhabenheit, Freund*innen und Familie) und in ein fremdes Land umziehen muss.
Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich einen Krieg miterleben muss und ein Flüchtling werde. Nicht zu wissen, was die Zukunft bringen wird, bedrückt mich.
Ich mache mir große Sorgen um meine Eltern und Freund*innen.
Wenn ich die ukrainischen Fernsehsendungen zurzeit anschaue, gerate ich in Panik und muss weinen.
Ich kann nicht mehr so gut schlafen wie vorher. Dieser Krieg hat mich unwiderruflich verändert.
Nichtsdestotrotz bin ich froh und dankbar, dass ich hier am Leben und in Sicherheit sein darf.
Ich hoffe, dass dieser Albtraum bald zu Ende geht und ich dann nach Hause fahren kann.
Ich bedanke mich für die Hilfe, die die Österreicher*innen für mein Volk leisteten.
Jede Spende und jede Unterstützungsart zählt.
Ich bitte euch, nicht damit aufzuhören und die ukrainischen Leute in Not weiter zu unterstützen!“.
Hier möchte ich basierend auf meine eigenen Erfahrungen, sowie aus traumapädagogischer Sicht noch ein paar Tipps zum Umgang mit Flüchtlingen geben.
Die Effizienz dieser Ratschläge ist vom emotionellen Zustand der Betroffenen stark abhängig.
Bei den tiefsten Traumatisierungen, so wie beim Überlebensschuld-Syndrom ist es notwendig, sich professionelle, therapeutische Hilfe zu holen.
Diese Ratschläge funktionieren nicht bei allen Flüchtlingen gleich gut, daher sollte man differenziert darauf eingehen und sensibel handeln.
Wie kann man auf emotioneller Ebene die betroffenen Personen unterstützen:
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Zuhören und unterstützen
Ja, ich weiß, dass es aufgrund der Sprachbarriere ziemlich schwer sein kann, einander zu verstehen.
Dennoch können manche Ukrainer*innen Englisch, was als Kommunikationssprache dienen kann.
Die Geflüchteten stehen unter einem enormen Druck. Sie möchten sich gern ausreden und ihren herben Kummer teilen.
Es könnte emotionell schwer sein, den betrübten Fluchtgeschichten zuzuhören.
Trotzdem ist es wichtig für die Betroffenen, gehört zu werden.
Auch wenn es nur eine kurze Unterhaltung ist, kann sie für die Betroffenen wertvoll sein.
Die Betroffenen werden sich Ihre Unterstützung merken und ihnen dankbar sein.
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Ablenken
Eine gemeinsame Freizeitbeschäftigung hilft, für eine gewisse Zeit die eigenen Sorgen zu vergessen.
Wie alle anderen Menschen, lieben die Ukrainer*innen zusammen essen zu gehen, Sport zu treiben, zu tratschen und spazieren zu gehen.
Das können Sie nutzen, um ihre ukrainischen, geflüchteten Bekannten zu entlasten.
Ganz einfache Routinen helfen, die Trauer zu überwinden.
Kleine Unterhaltungen können auch gut ablenken: Sie können zum Beispiel Fragen über die ukrainische Geschichte, Kultur und Bräuche (viele Ukrainer*innen erzählen darüber gern) stellen,
oder auch persönlichere Fragen zu Lieblingsmusik, Hobbys, usw.
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Trauer, Wut und negative Gefühle akzeptieren und zulassen
Klarerweise gibt es Ukrainer*innen, die mit dieser Situation und ihrer Flüchtlingsrolle schwer zurechtkommen.
Sie könnten sich so verhalten, als ob ihnen die ganze Welt etwas schuldig ist.
Sie könnten außerdem ungerecht und äußerst undankbar oder frech vorkommen.
Nichtsdestotrotz sollten Sie daran denken, dass es eine natürliche Reaktion auf eine gewaltige Lebensveränderung ist.
Die Betroffenen erlebten bedauerliche Vorkommnisse und sind mit den neuen Eindrücken, der neuen Kultur, dem Erlernen einer Fremdsprache
und vor allem mit ihrer Zukunftsorganisation überfordert.
Lassen Sie ihre starken negativen Gefühle (z.B. Wut oder sogar Hass zur eigenen Hilfslosigkeit) zu und lassen Sie sich nicht irritieren, indem Sie das, was sie sagen nicht persönlich nehmen.
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Schuldgefühle mindern
Manche Eltern empfinden Schuldgefühle gegenüber ihren Kindern (oder sogar ihren Tieren) und bereuen,
dass sie ihre Liebsten nicht vor den tragischen Kriegsereignissen schützen konnten.
Wichtig ist dabei, diese Personen zu überzeugen, dass sie nicht schuldig sind.
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Ermutigen Sie die Menschen, positiv zu bleiben
In diesen herausfordernden Zeiten sollten wir uns alle bemühen, positiv zu denken. Egal woher man kommt, gegenseitige Unterstützung ist bei der Problembewältigung essenziell.
Die Grundansätze der positiven Psychologie und Achtsamkeit helfen Ihnen dabei, lebensfroh zu bleiben.
Probieren Sie auch, sich über kleine Ereignisse zu freuen, wie zum Beispiel zusammen Kaffee trinken gehen.
Auf dieser Weise beachten Sie ihre eigene Psychohygiene.